Projekt

Eisenbahnstraße 31/32 in Werder an der Havel
heute: Gewerbehof Protz

1875 als metallverarbeitende Fabrik errichtet
1875 als metallverarbeitende Fabrik errichtet
Umnutzung, Umbau, Instandsetzung und stufenweise Modernisierung ab 2006

Auszug aus der Beurteilung des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege, Bearbeiter Dr. Marcus Cante, Dr. Susanne Willen (vom 9. Juli 2007)
Villa Dänicke und Gewerbeanlage
Eisenbahnstraße 31-33
14542 Werder (Havel)
Landkreis Potsdam-Mittelmark

Beschreibung des Denkmals und Benennung des Schutzumfangs
Die Anlage befindet sich auf einem bis zum Wasser reichenden Areal an der östlichen Seite der Seite der Eisenbahnstraße, das später in verschiedene Grundstücke aufgeteilt wurde. Es war durch den Kauf verschiedener Obstgärtnergrundstücke entstanden.
Hier gründete 1875 Julius Lüdicke die erste metallverarbeitende Fabrik von Werder. Dort wurden Maschinen für die Ziegelindustrie, u.a. Tonschneider, Aufzüge und Transmissionen hergestellt. Lüdicke führte u.a. eine neuartige Dampfwalzenschlemme ein.
Mit dem Niedergang der Ziegelindustrie kam auch das Ende dieses Betriebs, der um 1900 Konkurs anmeldete. Käufer war der Maschinenfabrikant Fritz Dänicke, der neben den bisherigen Produkten für Siemens Glüh- und Härteöfen herstellte. Der Betrieb wurde um Gießerei erweitert und hatte maximal ca. 100 Beschäftigte („Maschinenfabrik und Eisengießerei Fritz Dänische“).
1940 kaufte Reinhold Schuster die Firma, der sofort mit der Produktion von Elektromotoren begann („Elektromotorenwerk und Maschinenfabrik Werder“) und auch Zwangsarbeiter einsetzte.
1949 erfolgte die Umwandlung des verschuldeten Betriebs in den VEB Elektromotoren-Werk Werder unter Leitung Fabian Kiefers: Hier wurden Elektromotoren hergestellt und repariert. Nach Umstellung der Produktion von Drehstrommotoren zu Expansionskraftschaltern auf ministerielle Anordnung 1952 kam es zur Umbenennung in „VEB Schaltgerätewerk Werder“.
Heute wird die Anlage durch den Maler-Fachbetrieb Protz genutzt und denkmalgerecht saniert.
Nach dem Abbruch des alten Wohnhauses 1904 kam es 1910 zur Errichtung der Villa für den neuen Fabrikbesitzer Dänicke; später als Nr. 31 vom Fabrikgrundstück abgetrennt.
Im Bereich des ursprünglich bis zur Havel reichenden Gartens (so noch auf Plan 1946) 1950 das Werk erweitert (Garagen, Umkleide- und Toilettengebäude).
Auf dem nördlich anschließenden, bis zur Havel reichenden tiefen Grundstück Nr. 32/33 Gewerbeanlage mit gelblichen Ziegelbauten, meist mit Pappdächern. Die komplizierte Baugeschichte des Komplexes anhand der Bauakten nicht vollständig zu klären. Die Gebäude stammen im Kern aus dem frühen 20. Jahrhundert. Umfangreiche Umbauten erfolgten 1946 und 1952 im Hinblick auf die Veränderung der Produktion.
Erschließung der Anlage durch eine zur Havel führende Gasse.
Der anschließende, zur Gasse hin giebelständige Bauteil um 1900 (auf Plan 1896 hier ein längsrechteckiges Werkstattgebäude; 1950: Montage). Zweigeschossig mit flachgeneigtem Satteldach und leicht schräger, fünfachsiger Fassade. Erdgeschoss in DDR-Zeiten überformt, oben mittlere flachbogige Ladeluke (vermauert), die seitlichen Fenster mit geraden Stürzen jüngst erneuert. Innen Preußische Kappendecken, gestützt durch Eisenträger auf Eisensäulen; obere Etage als Drempel ausgebildet und durch das Firstpfettendach abgeschlossen. Rückwärtig später verlängert; dieser Teil ohne Preußische Kappen (1950: Lackierofen und Treppe).
Große rückwärtige Halle (1950: Dreherei und Wickelei, später Montagehalle), südlich der Gasse.
Wohnhaus (Nr. 33), ursprünglich eingeschossiger traufständiger Putzbau, nach 1946 aufgestockt; 1950 diente es als Verwaltungsgebäude. Jetzt ein zweigeschossiger sanierter Putzbau mit Satteldach.
Begründung der Eintragung
Als eines der letzten erhaltenen Beispiele für eine samt zugehöriger Fabrikantenvilla bewahrte, seit über hundert Jahren kontinuierlich genutzten Gewerbeanlage in Werder kommt dem Gebäudeensemble stadt- und baugeschichtliche sowie städtebauliche Bedeutung zu. Hier befand sich der Sitz mittelständischer Unternehmen, die u.a. Maschinen für die Ziegelindustrie herstellten und damit eng mit der regionalen Wirtschaft verknüpft waren.
Mit den immer wieder den veränderten Produktionen angepassten Gebäuden belegt der Komplex die verschiedenen Phasen der Industriearchitektur seit der Zeit um 1900. Charakteristisch ist der enge räumliche Zusammenhang zwischen Produktionsstätten und Wohnsitz des Unternehmers…"

 


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